Trommelgeburt – Teil 2

Ich will ehrlich sein – meine Knochen ächzen und die Muskeln ziehen. Die Finger fühlen sich gar etwas geschwollen an. Trotzdem: Heute wird eine Trommel geboren!

Wir haben die Trommelblätter und die Schnüre gestern Abend mit einem Ritual ins Wasser gelegt. Die Haut hat zusammen mit frischen Blüten und Kräutern die Nacht über geruht und als wir sie jetzt aus dem kalten Nass nehmen, hat sich das Faszinierende vollzogen. Die Haut ist neu belebt, was trocken und starr war ist jetzt geschmeidig, feucht und dehnbar.

Bevor wir die Haut auf den Rahmen schnüren können, müssen wir die Schnüre strecken. Dabei testen wir, wie sich die Haut in ihrem jetzigen Zustand verhält, wir schätzen ab, ob sie der Spannung standhalten mag. Meterweise ziehen wir die kalte und feuchte Haut durch unsere Finger. Ich komme mir vor wie eine Wäscherin aus frühen Zeiten, meine rheumatisch schmerzenden Fingern sehnen sich nach Wärme.

Und dann ist es so weit: die Schnürung beginnt. Ein Schnurhaufen links, einer rechts, geschnürt wird über das Kreuz. Das Spannen benötigt unsere ganze Kraft, wir arbeiten hochkonzentriert, in vollkommenem Einklang und intuitiver Zusammenarbeit. Genau das ist: Es fühlt sich an, als würden wir mit Urkräften einen Tanz tanzen, seit Jahrtausenden immer wieder und doch jedes Mal anders.

Und dann ist der letzte Knoten geknüpft, das Trommelblatt stramm gespannt und die Trommel geboren. Wie ein Neugeborenes, das seinen ersten Schrei von sich gibt, testen wir vorsichtig ihren Klang. Was für ein Ton, jede Trommel ist einzigartig, ein Unikat.

Wir werden die nächsten Wochen noch etwas Geduld brauchen, die Trommel wird langsam trocknen und zu ihrer Stimme finden. Und danach wird sie mittönen, an unserem nächsten Trommelritual.

Sei willkommen in deiner neuen Daseinsform!

Euer Kelten Rauch, Janine

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